Engagement und Teilhabe: Die Behindertenbeiratswahl in Freiburg am 30. März 2025

Über das Ergebnis wird weiter unten berichtet.

In einer demokratischen Gesellschaft ist die Beteiligung und Mitbestimmung aller Bürgerinnen und Bürger ein entscheidendes Element. Dies gilt insbesondere auch für Menschen mit Behinderungen, deren Stimmen oft in der breiteren gesellschaftlichen Diskussion unterrepräsentiert sind. Um sicherzustellen, dass die Interessen und Bedürfnisse dieser Gemeinschaft angemessen vertreten werden, findet am 30. März 2025 die Wahl des Behindertenbeirats der Stadt Freiburg statt – ein wichtiger Termin, der für alle wahlberechtigten Bürger von Bedeutung ist.

Der Behindertenbeirat der Stadt Freiburg: Eine Stimme für Inklusion

Seit 2010 wird der Behindertenbeirat alle fünf Jahre neu gewählt. Seine Hauptaufgabe besteht darin, die Belange von Menschen mit Behinderungen in der städtischen Verwaltung zu vertreten und zu fördern. Der Beirat setzt sich aus 21 Mitgliedern zusammen, darunter 16 Menschen mit Behinderungen oder deren gesetzliche Vertretungen sowie fünf Vertreter der Behindertenhilfe. Diese Gruppe arbeitet gemeinsam daran, die Bedürfnisse ihrer Gemeinschaft zu artikulieren, Herausforderungen zu identifizieren und mögliche Lösungen zu erarbeiten.

Wer kann wählen?

Wahlberechtigt sind alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt Freiburg, die folgende Kriterien erfüllen:

  • Mindestalter von 16 Jahren
  • Wohnsitz in Freiburg
  • Ein Grad der Behinderung von mindestens 50

Auch die gesetzliche Vertretung von Personen mit einem entsprechenden Behinderungsgrad ist wahlberechtigt. Mit dieser Wahl haben Sie die Gelegenheit, direkten Einfluss auf die Zusammensetzung des Gremiums zu nehmen, das für fünf Jahre entscheidend die Geschicke und politischen Belange von Menschen mit Behinderungen in Freiburg mitgestalten wird.

Der Wahltag: Ein Tag der Begegnung und Mitbestimmung

Die Wahl findet am 30. März 2025 zwischen 10:00 und 17:00 Uhr im Raum Schauinsland im Rathaus im Stühlinger, Fehrenbachallee 12, statt. Der Wahltag verspricht nicht nur ein Tag der Mitbestimmung zu sein, sondern auch ein Tag des Austauschs und der Information.

Um 11:00 Uhr findet die offizielle Eröffnung der Wahl durch den ersten Bürgermeister Ulrich von Kirchbach statt. Diese Veranstaltung bietet eine großartige Gelegenheit, um Einblicke in die Bedeutung des Beirats und die Unterstützung, welche die Stadt Freiburg für die Belange von Menschen mit Behinderungen bietet, zu erhalten.

Am Nachmittag, um 15:00 Uhr, wird es einen Infotreff geben, der sich ebenfalls als informative Plattform für Begegnungen zwischen Wählern und Vertretern eignet. Für das leibliche Wohl wird gesorgt, sodass eine angenehme Atmosphäre gewährleistet ist.

Der Wahlprozess: Fair und zugänglich

Der Wahlprozess ist frei, geheim und demokratisch – grundlegende Prinzipien, die sicherstellen, dass jede Stimme zählt und in einer sicheren Umgebung abgegeben werden kann. Um den Bedürfnissen der Wähler gerecht zu werden, stehen im Rathaus kleine, ruhige Wahlkabinen zur Verfügung, die Privatsphäre und Zugangsfähigkeit gewährleisten.

Am Wahltag ist es wichtig, dass alle Wähler ihren Personalausweis und ihren Schwerbehindertenausweis mitbringen. Diese Dokumente sind erforderlich, um das Wahlrecht ausüben zu können und sicherzustellen, dass die Teilnahme korrekt dokumentiert wird.

Warum Ihre Stimme zählt

Die Wahl des Behindertenbeirats ist mehr als nur ein formaler Akt des Wahlrechts. Sie stellt eine wichtige Gelegenheit dar, die Richtung mitzugestalten, in die sich die politische und gesellschaftliche Unterstützung für Menschen mit Behinderungen in Freiburg entwickelt. Ihre Stimme verleiht den Anliegen, die Ihnen und der Gemeinschaft wichtig sind, Resonanz und Sichtbarkeit.

Indem Sie an der Wahl teilnehmen, stärken Sie das Gremium, das Ihre Interessen gegenüber der Verwaltung und anderen Institutionen artikuliert und vertritt. Sie tragen dazu bei, dass Inklusion nicht nur ein politisches Schlagwort bleibt, sondern ein gelebter Bestandteil des städtischen Lebens wird, der allen Bürgern zugutekommt.

Wir laden Sie deshalb herzlich ein, diesen Tag der Wahl und Mitgestaltung nicht zu verpassen. Nutzen Sie Ihre Stimme, um die Zukunft der Inklusion in Freiburg mitzugestalten! Verfolgen Sie darüber hinaus die Veranstaltungen am Wahltag, um wertvolle Informationen zu sammeln und Teil eines bedeutenden Dialogs zu sein. Ihre Teilnahme macht einen Unterschied.

https://wirmischenunsein.de/index.php/wahl-2025/

Kandidierende: Angela Debl

Gruppe: Menschen mit einer chronischen Erkrankung

Mein Name ist Angela Debl, ich bin seit 2020 Mitglied in diesem Gremium und kandidiere erneut, weil mir die gleichberechtigte Teilhabe, gute Lebensbedingungen und die politische Vertretung von Menschen mit verschiedensten Behinderungen in unserer Stadt sehr am Herzen liegen. 

Aus meiner Perspektive als Autistin mit Sehbehinderung möchte ich mich weiterhin aktiv und zusammen mit anderen Engagierten dafür einsetzen, dass die spezifischen Anliegen und Herausforderungen von Menschen mit verschiedenen Behinderungen in allen Lebensbereichen unserer Stadtgesellschaft in ihrer ganzen Vielfalt gesehen, ernst genommen und in konkrete politische und gesellschaftliche Maßnahmen der Stadtgestaltung übersetzt werden. 

Es ist zwingend erforderlich und auch mein besonderes Anliegen, auf die vielen Barrieren im Alltag von Menschen mit unsichtbaren oder nicht sofort erkennbaren Behinderungen in Bereichen wie Sinneswahrnehmung, Kommunikation, Information, Orientierung, soziale Teilhabe, Assistenz, Wohnen und Mitsprache aufmerksam zu machen und bei Ämtern, Behörden und Einrichtungen konkrete Anpassungen zu fordern. Einige dieser Themenbereiche finden noch zu wenig und zu wenig differenzierte Beachtung und müssen auch in der Arbeit des Behindertenbeirats noch deutlicher in den Vordergrund gestellt werden.

Für uns autistische Menschen sind z. B. klar strukturierte, verlässliche und reizarme Umgebungen, Wege und Angebote, Vorhersehbarkeit, barrierearme Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten sowie ein respektvoller Umgang mit neurologischer Vielfalt von entscheidender Bedeutung, um ohne Angst vor Überforderung, Ausgrenzung oder Missverständnissen die Möglichkeiten der Stadt nutzen zu können. Sehbehinderte Menschen profitieren in ihrem Alltag u. a. von Orientierungshilfen, barrierefreien Informationsangeboten, die in verschiedenen Formaten zur Verfügung stehen (z. B. Braille, Audio oder große Schrift), und dem Zugang zu digitalen Ressourcen.

Als Autistin und gleichzeitig sehbeeinträchtigte Person kann ich meine eigenen Erfahrungen mit den vielfältigen Herausforderungen, denen Menschen mit verschiedenen Behinderungen im Alltag begegnen, in die Arbeit des Behindertenbeirats einbringen. Darüber hinaus möchte ich mit anderen behinderten Menschen verschiedener Gruppen im Austausch sein, um gemeinsame Anliegen zu zusammenzutragen und konkrete Ideen zu entwickeln, die allen zugute kommen.

Kandidierende: Sabine Raun

Gruppe: Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung oder seelischen Behinderung

Mir ist insbesondere die Ermöglichung von Selbstbestimmung durch Promotion, Aufklärung und Beseitigung der aktuellen Hürden, die das bereits seit 2008 zur Ermöglichung von mehr Selbstbestimmung für Menschen mit jeglicher Art von Behinderung bestehende „Persönliche Budget“ bisher leider immer noch verhindern, wichtig. Ebenso wichtig ist mir der Einsatz für Nachteilsausgleiche für erwerbsunfähige Menschen, die vom Existenzminimum leben müssen und durch die Anwendung des Regelsatzes für gesunde, erwerbsfähige Menschen und Ausschluss von den bis dato existierenden Nachteilsausgleichen doppelt benachteiligt sind. Von den aktuell bestehenden Nachteilsausgleichen profitieren im Wesentlichen ausschließlich ohnehin schon finanziell privilegierten Menschen mit Behinderung, also solche, die über ein Vermögen verfügen, von dem sie durch den Nachteilsausgleich mehr behalten dürfen, als bisher und durch Steuernachlass, von dem im Wesentlichen Menschen mit höheren Einkommen profitieren. Die Lebenshaltungskosten von Menschen mit Behinderung sind jedoch in der Regel höher, als die Lebenshaltungskosten von gesunden erwerbsunfähigen Menschen, daher kann von gleichberechtigter Teilhabe was das betrifft, keine Rede sein. Und last but not least ist mir die Aufklärung über seelische Behinderung und die damit einhergehenden Barrieren wichtig, da den Interessen und Bedarfen von Menschen mit seelischer Behinderung leider noch immer viel zu wenig Rechnung getragen wird.
Ein positives Beispiel wäre z.B. die „Stille Stunde“, die in ausgewählten Supermärkten in anderen Städten in Deutschland bereits existiert.

Erfolgreiche Teilnahme: Ergebnisse der Freiburger Behindertenbeiratswahl

Am Sonntag, den 30. März, fand die vierte Wahl des Behindertenbeirats in Freiburg statt. Diese Wahl ist ein bedeutendes Ereignis für die Stadt, da sie Menschen mit Behinderungen eine Stimme gibt und sicherstellt, dass ihre Interessen auf kommunaler Ebene vertreten werden. Die Wahlbeteiligung war im Vergleich zur vorherigen Wahl im Jahr 2020 erfreulich hoch und stieg um über 25 Prozent an. Insgesamt 398 Wahlberechtigte nutzten die Möglichkeit, ihre Stimme abzugeben – 211 von ihnen direkt vor Ort im Rathaus Stühlinger und 187 per Briefwahl.

Vielfalt in der Vertretung sicherstellen

Um eine möglichst vielfältige Vertretung zu gewährleisten, umfasst der Behindertenbeirat Freiburg 16 Sitze. Diese sind so aufgeteilt, dass verschiedene Gruppen von Menschen mit Behinderungen vertreten sind. Die Auswahl der Vertreter erfolgt gemäß Wahlordnung, die sieben Sitze an die Kandidaten vergeben, die innerhalb ihrer spezifischen Gruppe die meisten Stimmen erhalten. Dies stellt sicher, dass körperliche, kognitive und seelische Beeinträchtigungen, sowie Seh- und Hörbehinderungen und die Bedürnisse von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen Berücksichtigung finden.

Ergebnisse der Kandidaten

Insgesamt 54 Personen stellten sich zur Wahl, was die Vielfalt und das Engagement der Gemeinschaft widerspiegelt. Die gewählten Mitglieder repräsentieren eine breite Palette von Behinderungsformen. Unter den erfolgreichen Kandidaten in den spezifischen Gruppen waren:

  • Hanna Wehrle (Gruppe 1: Körperliche Behinderung / Mobilitätseinschränkung; 128 Stimmen)
  • Alexandra Haag (Gruppe 2: Chronische Erkrankung; 98 Stimmen)
  • Andreas Faulmüller (Gruppe 3: Kognitive Behinderung; 129 Stimmen)
  • Susanne Baumgartner (Gruppe 4: Psychische Beeinträchtigung / Seelische Behinderung; 157 Stimmen)
  • Britta Habichhorst (Gruppe 5: Sehbehinderung/Blindheit; 109 Stimmen)
  • Wolfgang Borchardt (Gruppe 6: Gehörlosigkeit/Schwerhörigkeit; 113 Stimmen)
  • Andreas Wolf (Gruppe 7: Kinder und Jugendliche mit Behinderung; 195 Stimmen)

Weitere neun Sitze wurden an die Kandidaten mit den höchsten Gesamtstimmen vergeben: Klaus Werner Becker, Lena Duffner, Philipp Riedel, Kevin Eikmeyer, Rebecca Zahn, Max Grässlin, Jürgen Heider, Eveline Schindler und Birgitt Kunz. Diese vielfältige Zusammensetzung gewährleistet, dass die unterschiedlichen Belange und Themen umfassend adressiert werden können.

Ausblick

Das Wahlbüro hat alle Kandidaten über die Ergebnisse informiert, und es wurde bekannt gegeben, dass die nächste Wahl in fünf Jahren stattfinden wird. Sollte ein gewähltes Mitglied sein Mandat nicht annehmen oder während der Amtsperiode zurücktreten, rückt der Kandidat mit der nächsthöchsten Stimmenzahl nach.

Die erste Sitzung des neuen Beirats wird am 9. April im Neuen Ratssaal stattfinden. Hier wird der Grundstein für die kommende Arbeit gelegt und die Weichen für eine inklusive Politik gestellt, die den Bedürfnissen und Rechten von Menschen mit Behinderungen gerecht wird.

Die gestiegene Wahlbeteiligung ist ein ermutigendes Zeichen dafür, dass die Anliegen der Menschen mit Behinderung zunehmend Gehör finden. Es bleibt zu hoffen, dass diese Energie und das Engagement in effektive Politik und Maßnahmen umgesetzt werden, die das Leben vieler Menschen verbessern kann.

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