!!! Die Autisten-AG "Junge Erwachsene" fällt heute (08.08.) aus.
Traumatische Erlebnisse und ihre spezielle Bedeutung im Autismus-Spektrum
Traumatische Erlebnisse können vielerlei Formen annehmen und bei jedem Menschen individuelle Spuren hinterlassen. In ihrer Essenz sind es Ereignisse, die unser psychisches Gleichgewicht empfindlich stören; Ereignisse, die unsere Fähigkeit, mit Stress umzugehen, übersteigen und uns in einen Zustand von Ohnmacht und Kontrollverlust versetzen. Zu solchen traumatisierenden Ereignissen zählen unter anderem schwere Unfälle, Naturkatastrophen, Mobbing, das Ende bedeutungsvoller Beziehungen, der Tod von nahestehenden Personen, ernsthafte Erkrankungen, aber auch sexueller Missbrauch und häusliche Gewalt.
Für Menschen aus dem Autismusspektrum kann Trauma zusätzlich durch Aspekte verursacht werden, die für Neurotypische möglicherweise schwer zu verstehen sind. Autistische Menschen verarbeiten Sinneseindrücke und soziale Signale oft auf andere Weise als nichtautistische Personen. Diese abweichende Verarbeitung kann zu Missverständnissen, Vereinsamung und Ablehnung durch die Gesellschaft führen. Die ständige Konfrontation mit derartigen Herausforderungen kann bei autistischen Personen Traumata verstärken oder neu hervorbringen.
Um Ablehnung zu vermeiden, passen sich viele Autisten stark an. Sie versuchen ihr ‚Anderssein‘ zu kaschieren und verrichten im Alltag oft enorme Anpassungsleistungen. Langfristig kann dies jedoch zu Isolation oder Selbstverlust führen – wenn das authentische Selbst zugunsten der Konformität verdrängt wird. Diese Anpassungsprozesse sind kräftezehrend und können zu psychischem Stress und Traumata führen, da sie tiefgreifende Konflikte zwischen dem eigenen Selbst und dem angepassten Ich verursachen.
Die von Henry und Kamila Markram im Jahr 2007 vorgestellte Intense World Theory geht davon aus, dass das autistische Gehirn eine erhöhte Sensitivität aufweist. Dies führt laut der Theorie zu einer Reizüberflutung, die es Autisten erschwert, sich in ihrer Umwelt zurechtzufinden. Insbesondere autistische Kinder können sich deshalb phasenweise aus dem sozialen Leben zurückziehen, weil sie nicht in der Lage sind, die Flut an Reizen zu bewältigen.
Das Bewusstsein für solche Belastungsfaktoren ist entscheidend für das Verständnis des Autismus-Spektrums und für die Entwicklung angepasster Unterstützungsangebote. Es gilt, aufmerksam zu beobachten und sensibel mit abweichenden Reaktionen oder Verhaltensweisen umzugehen, um so zu einem inklusiven und verständnisvollen Miteinander beizutragen. Nur durch Akzeptanz und Anpassung unserer Gesellschaft an die Bedürfnisse Autistischer Personen, kann das Risiko für die Entstehung von Traumata reduziert und das Wohlbefinden aller gesteigert werden.